BITV 2.0 & WCAG 2.1 /2.2
Barrierefreie Richtlinien
Barrierefreie Richtlinien legen fest, wie Websites gestaltet werden müssen, damit sie für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind – unabhängig von körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Sie schaffen nicht nur mehr digitale Teilhabe, sondern helfen auch, rechtliche Vorgaben einzuhalten.
Einheitliche Standards: BITV und WCAG
Die vier Prinzipien der Barrierefreiheit
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) definieren insgesamt 77 Erfolgskriterien in der Version 2.1, die als praxisnahe Grundlage für die Umsetzung barrierefreier Websites dienen. Mit der Veröffentlichung der WCAG 2.2 im Jahr 2023 kamen neun zusätzliche Erfolgskriterien hinzu. Damit gibt es nun insgesamt 86 Kriterien, die die Zugänglichkeit insbesondere für Menschen mit kognitiven Einschränkungen, motorischen Behinderungen sowie für die Nutzung auf mobilen Geräten weiter verbessern.
Diese Erfolgskriterien ordnen sich zwölf konkreten Richtlinien unter, die allgemeine Ziele für die Gestaltung barrierefreier Inhalte vorgeben.
An der Spitze stehen die vier grundlegenden Prinzipien der Barrierefreiheit, die die Basis jeder barrierefreien Website bilden:
Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen für alle Sinne zugänglich sein – beispielsweise durch Texte, Bilder, Audio oder alternative Darstellungsformen.
Bedienbarkeit: Nutzer sollen alle Funktionen der Website problemlos steuern und navigieren können – unabhängig von ihrer Art der Eingabe oder Einschränkungen.
Verständlichkeit: Inhalte und Bedienung müssen klar, nachvollziehbar und konsistent gestaltet sein.
Robustheit: Websites müssen auf verschiedenen Geräten, Browsern und Assistenztechnologien zuverlässig funktionieren.
Die neuen Erfolgskriterien der WCAG 2.2 ergänzen diese Prinzipien gezielt. Sie fördern unter anderem eine fokussierte Navigation, eine bessere Nutzbarkeit auf Touch-Geräten und eine klarere, intuitivere Interaktion, um insbesondere Barrieren für Menschen mit kognitiven Einschränkungen weiter abzubauen.
Die Komplexität barrierefreier Webgestaltung
Technische, gestalterische und inhaltliche Herausforderungen
Die insgesamt 77 bzw. inzwischen 86 Erfolgskriterien der WCAG zeigen eindrucksvoll, wie vielfältig und komplex die Anforderungen an eine barrierefreie Website sind. Um diese Vielschichtigkeit greifbarer zu machen, erläutern wir nachfolgend die zentralen Bereiche eines Internetauftritts und die technischen Anpassungen, die für echte Barrierefreiheit notwendig sind:
Struktur und Navigation
- Einheitliche Navigation und klare Bezeichnungen für Funktionen
- Aussagekräftige Titel, Überschriften, Beschriftungen und Linktexte
- Logische, nachvollziehbare Reihenfolge der Seiteninhalte
- Durchdachte Tastaturbedienung mit sinnvoller Tab-Reihenfolge und konsistenter Logik beim Ansteuern von Links, Formularfeldern und Bedienelementen
Zugangswege und Steuerung
- Mindestens zwei unterschiedliche Möglichkeiten, um Inhalte oder Angebote zu erreichen
- Möglichkeit, Inhalte oder Bereiche gezielt zu überspringen (z. B. Sprunglinks)
- Bewegte oder automatisch aktualisierte Inhalte können gestoppt oder pausiert werden
- Gerätesteuerung unabhängig möglich – sowohl per Maus als auch rein über die Tastatur
- Keine sogenannten „Tastaturfallen“: Der Tastaturfokus darf jederzeit auf andere Elemente verschoben werden
- Deutlich sichtbarer Fokus bei der Tastaturbedienung
Textinhalte
Logisch strukturierter Textaufbau für bessere Verständlichkeit
Korrekte Überschriftenhierarchie (HTML-Elemente h1 bis h6)
Lesefreundliche Gestaltung: stimmiges Verhältnis zwischen Schriftgröße, Zeilenhöhe, Abständen und Buchstaben- bzw. Wortabständen
Möglichkeit, Texte auf mindestens 200 % zu vergrößern, ohne dass Inhalte unleserlich werden
Hoher Farbkontrast zwischen Text und Hintergrund
Inhalte bleiben unabhängig von der Bildschirmausrichtung nutzbar (z. B. Hoch- oder Querformat)
Nicht-Text-Inhalte
- Alternative Texte für Bilder und Grafiken mit Informationsgehalt
- Leere Alt-Attribute bei dekorativen Layoutgrafiken
- Transkriptionen für Audioinhalte oder stumme Videos
- Untertitel und Audiodeskriptionen für Videos
- Inhalte müssen auch ohne sensorische Wahrnehmung verständlich sein (z. B. für blinde oder gehörlose Nutzer)
- Inhalte dürfen nicht allein durch Farbunterschiede vermittelt werden
- Korrekte Strukturierung von Tabellen zur besseren Lesbarkeit durch Screenreader
Eine vollständige Übersicht aller Anforderungen finden Sie im Prüfkatalog des BITV-Tests, der als umfassende Grundlage für die barrierefreie Gestaltung von Websites dient.